Anruf bei Gravis.
„Es geht um einen Airport Extreme. Nachdem ich jetzt einige Wochen zwischen meinem Internetprovider und dem Apple-Support hin- und hergereicht wurde, ist jetzt klar: es liegt am Airport.“
„Mhm.“
„Nun verhält es sich folgendermaßen: ich habe in letzter Zeit einen iMac, ein MacBook und eben diesen Router bei ihnen gekauft. Das MacBook war sofort kaputt, das wurde allerdings nicht umgetauscht, sondern repariert, so dass ich über eine Woche darauf verzichten musste. Ich kann jetzt nicht so lange auf den Internetzugang verzichten, also muss ich den Airport umgetauscht bekommen.“
„Ja, das verstehe ich, in Ordnung, dann machen wir das.“
Aufrichtige Freude auf meiner Seite der Leitung.
„Ah, gut. Sehr schön.“
„Ich muss Sie dann bitten, zu uns in den Gravis-Store zu kommen. Dann schauen sich das unsere Techniker an. Gegebenenfalls dauert das dann ein paar Tage.“
„Ok, ich sehe: wir haben uns nicht verstanden. Ich möchte eben genau das nicht: das Gerät reparieren lassen. Ich möchte ein Neues.“
„Das wird nicht gehen.“
„Ich hatte doch zu Beginn erklärt, dass ich nicht auf den Internetzugang verzichten kann.“
„Ja, aber normalerweise machen wir es so.“
„Aber das, was Sie normalerweise machen, ist für mich doch gar nicht interessant.“
„In diesem Fall ja schon.“
„Schauen Sie. Normalerweise verkaufen Sie ja keine kaputten Geräte.“
„Ich denke nicht.“
Er denkt nicht. Dabei denkt er bestimmt ab und an, der Mensch am anderen Ende der Leitung (und ein Mensch ist er schließlich, zumindest in seiner Freizeit) ist kein Idiot, ein Gymnasiast vermutlich, der sich seine spärlichen Einkünfte als Schulhofdealer in der Gravis-Kundenberatung aufbessert.
„Bei mir aber haben Sie eine sensationelle Quote erreicht. Zwei von drei Geräten sind kaputt.“
„Das haben wir ja nicht absichtlich gemacht.“
„Das wäre schließlich auch seltsam. Geradezu absurd wäre das.“
Ich esse eine Schachtel Baldrian, spüle mit einer sprudelnden Aspirin nach und bin wieder gesprächsbereit.
„Wir stimmen überein, dass diese Quote nicht der Normalfall ist. Wenn es aber nicht der Normalfall ist, dann müssen wir also zu einer Ausnahme von der Regel kommen.“
„Wir tauschen aber keine Geräte um.“
Kurz legt sich bleierne Müdigkeit über mein Gemüt.
„Ich muss Sie dann bitten, mich mit einem Vorgesetzten zu verbinden.“
„Ich kann Sie mit niemandem verbinden.“
Ich summe, hoffentlich lautlos Gravis, Gravis, du bist echt okay, Gravis, Gravis, everytime Fairplay zur Melodie von Jesus von Die Doofen.
„Warum können Sie mich mit niemandem verbinden?“
„Weil alle Leitungen besetzt sind.“
„Wir telefonieren doch jetzt schon recht lange. Versuchen Sie es doch einfach mal.“
„Das kann ich tun.“
Eine Frauenstimme singt von den Nebeln von Avalon.
Ich stochere in meinem Auge, ziehe den Augapfel raus, kaue auf ihm rum. Ich spüre nichts mehr.
Nach acht Minuten wieder der Gymnasiast.
„Hören Sie?“
„Ja.“
„Da ist immer noch besetzt.“
„Sie können also nichts entscheiden und Sie können mich auch nicht beraten?“
„Doch, natürlich kann ich Sie beraten. Ich sage doch: Sie müssen zu unserem Store kommen.“
„Wenn ich aber ungern den Rest meines Lebens zwischen dem Ernst-Reuter-Platz und Kreuzberg hin- und herfahre?“
„Sie wollen etwas von mir, das ich Ihnen nicht geben kann. Sie wollen, dass ich Ihnen sage, dass Sie das Gerät umtauschen können. Aber das geht nicht.“
„Nein, ich möchte, dass Sie mir jemanden geben, der das entscheiden kann.“
„Dann müssen Sie in den Store kommen.“
„Sehen Sie, ich mache Sie ja gar nicht für die Situation verantwortlich.“
„Das machen Sie aber gerade.“
„Nun werden Sie nicht weinerlich. Ich frage mich nur, wie es sein kann, dass ich telefonisch nichts regeln kann mit Gravis. Was für ein merkwürdiger Laden.“
„Jaja, (unhörbar) ganz mickrig.“
„Ich bin mickrig?“
Bilder von Erschießungskommandos, die von mir kommandiert werden und auf einen Gymnasiasten in Gravisschürze zielen, tauchen vor meinem geistigen Auge auf.
„Wir sind mickrig, ein ganz mickriger Laden.“
„Ach, wissen Sie. Wenigstens ist es gelebte Satire.“
Wir verabschieden uns mit höflichen Verwünschungen.
Danach telefoniere ich mit der Apple-Hotline. Nach zwei Stunden wird zu meiner Überraschung deutlich: es liegt am Airport. Der Apple-Mensch gibt mir die Adresse von drei Läden, die mir das Gerät, das ich bei Gravis gekauft habe, sofort umtauschen. Gravis hätte nun einmal einen schlechten Service. Kann ich nicht behaupten. Mit dem Gymnasiasten könnte ich jeden Tag telefonieren.
Gravis, Gravis, du bist echt okay.