UPDATE
Erster ist Stilhaeschen mit Primatdetektiv
Nachdem Textundblog meinen Kommentar ausgezeichnet hat, richte ich nun in dieser Woche den Freitagstexter aus.
Ich bin also gespannt auf eure Textideen zu diesem Bild von Eiko Fried.
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Erster ist Stilhaeschen mit Primatdetektiv
Nachdem Textundblog meinen Kommentar ausgezeichnet hat, richte ich nun in dieser Woche den Freitagstexter aus.
Ich bin also gespannt auf eure Textideen zu diesem Bild von Eiko Fried.
Mit etwas Verspätung (hier eine Entschuldigung einfügen) nun eine Leseprobe.
Frauen und Männer passen nicht zusammen – Auch nicht in der Mitte
Ich weiß gar nicht, ob es allgemein bekannt ist, dass dieses Blog in Wirklichkeit ein 2-Mann-Blog ist. Ohne Mathias Richel gäbe es kein malte-welding.com. Hier sind unsere medialen Höhepunkte des Jahres 2010.
Film
Ich wollte schon immer einen Film wie Kick Ass sehen. Eine Romantic Comedy, bei der die im See badende Julia Roberts vom Weißen Hai gefressen wird, einen Thriller, der sich zum Beziehungsdrama entwickelt, einen Science Fiction-Film mit Klaus Bednarz. Und jetzt ist es endlich so weit: Kick Ass fängt an als SUPERBAD-Variante und wird dann zum Superhelden-Action-Kracher mit absurder Gewalt und echter Traurigkeit.
Serie
Hier konnte ich mich nicht für eine entscheiden.
Modern Family ist reiner Mainstream, gute, saubere Familienunterhaltung, mit liebenswerten Figuren, knuffeligen Weisheiten und Problemen, die keine sind. Klingt eklig, ist aber so komisch wie kaum etwas anderes.
Louie von Louis C.K. ist dagegen fast schon Arthouse, man sieht Splitter eines Lebens, das so grauenhaft normal ist, dass es jede Norm sprengt. Man ist hingerissen vor Scham, kringelt sich vor Lachen und muss Louie unbedingt mit jemandem sehen, den man boxen kann.
Boardwalk Empire interessiert mich nicht, es ist nicht spannend, nicht komisch – aber es ist groß. Es gibt keine Möglichkeit, es nicht zu gucken, obwohl mir kaum ein Grund einfällt, es zu tun. Außer eben: Es ist groß. Jungskino fürs Nebendemmädchensitzenundgefährlichaussehen.
Die ersten drei Folgen bin ich bei In Treatment eingeschlafen, dann habe ich es aufgegeben. Von da an beobachtete ich mit wachsender Sorge, wie meine Freundin gebannt zwei Leuten dabei zusah, wie sie miteinander redeten. Folge für Folge: Zwei Leute, redend. Previously on In Treatment: Zwei Leute reden. Next Time on In Treatment: Zwei Leute werden reden. Ich verspottete sie, sagte, sie habe eine Schuldkomplex und einen Hau, bräuchte eher eine Selbsthilfegruppe als eine Fernsehserie. Dann fing ich noch einmal an, dieses Mal mit dem Vorsatz, meine Freundin zu verstehen oder wenigstens: Ihr nachweisen zu können, dass sie einen Arzt aufsuchen muss.
Alles, was man gegen In Treatment haben kann, hat man zurecht: Es passiert nichts, aber doch zuviel, als dass es realistisch sein könnte, der Therapeut ist kein Therapeut, sondern ein brennder Busch, gekreuzt mit Dr. Phil, die Patienten sind in der Regel Kotzbrocken, denen man in jedem vernünftigen Jahrhundert eine Pistole in die Hand gedrückt hätte, damit sie sich selbst von dem Elend erlösen – aber noch nie habe ich so mitgezittert bei irgendetwas Fiktionalem. Fragt mich nicht.
Blog
Vielleicht ist The Last Psychiatrist gar kein Psychiater, vielleicht nicht einmal ein Mensch, vielleicht ist er auch ein Autorenteam oder eine Gruppe von außerirdischen Wissenschaftlern. Es ist fast unmöglich, immer seine Meinung zu teilen, aber mir ist im Internet noch kein originellerer Denker begegnet.
Fußball
Als wir Fooligan gegründet haben (dessen Texte unterdessen stillschweigend zu spreeblick transferiert wurden), war diese Art, über Fußball zu schreiben, neu. Nun, nicht ganz neu, es gab schließlich die 11 Freunde, aber doch neulich. Das war 2006. Mittlerweile schreibt selbst die SZ derart scherzkeksig über Fußball, dass man sich nach einem trockenen Brot sehnt. Bei Zonalmarking ist Fußball Mathematik. So geht Fußball 2010.
Unangemessenste Kritik
Christopher Schmidt schrieb in der SZ eine als Buchkritik getarnte persönliche Abrechnung mit Harald Martenstein. Schmidt bezeichnet Martenstein “als eine Art Mario Barth für Zeit-Leser”, was so abwegig ist als bezeichne man Kanye West als DJ Bobo für Staatenlose.
Schönste Nacktseite
Nujolie ist ein Zusammenschluss mehrerer Fotografen aus Deutschland, deren Bilder ein Gegengift gegen Pornographie sind. Hach.
Verkanntestes Genie
Bis vor ein paar Wochen hätte ich Mario Gomez nennen müssen, aber jetzt hat es ja wohl jeder begriffen: Den muss man päppeln bis 2012. Jetzt fällt mir keins ein.
Größter WTF-Moment
Das Internet und der Versuch, es zu regulieren. Erinnert verdammt an Synapsenzensur. Geh aus meinem Hirn, Uschi!
Falsch auf so vielen Ebenen
Politische Talkshows. Nein, dann doch etwas allgemeiner: das Fernsehen. (Trotz der Serien und trotz der WM – das muss man auch erst einmal schaffen.)
Längste Fremdschäm-Phase
39 Minuten wird Stephanie zu Guttenberg von München TV interviewt. 39 Minuten, die man zunächst an Tieren testen sollte, ehe man sich ihnen selbst aussetzt.
Musik
Gibt es noch trotz Raubmörderkopien. Musik ist mein Held und Wiederaufsteher des Jahres. Keep on Tröting, du schaffst das!
Video
Video des Jahres ist das Größte aller Katzenvideos:
Buch
Das schmutzige Heilige und die reine Vernunft von Robert Pfaller. Žižek in charmant und ohne dessen Flirt mit dem Stalinismus. Die wichtigste Grundlage für mein Buch.
Mensch des Jahres
Julian Assange. Wenn man auf einem Haufen geheimer Dokumente sitzt und sie nicht an die Bundesregierung verkaufen kann, dann wendet man sich nicht an die New York Times, nicht an den Spiegel, nicht an den Guardian, Fox News oder das ZDF. Man schickt es ein paar beseelten Nerds, die aus irgendeinem Grund, mit dem sich ein Historiker mal beschäftigen müsste, die letzten Journalisten sind.
Medialer Glücksmoment des Jahres
Das 4:1 gegen England. Und danach sofort auf thesun.co.uk.
Film des Jahres
„Whatever Works“ von Woody Allen. Ich weiß, euren Filmnerd-Ansprüchen reicht das nicht zu genüge, aber das ist mir pupenegal. Eine schöne leichte Sommerkomödie, die genauso funktioniert, wie die Woody Allen-Filme eben funktionieren: New York, Liebe, Witzzeugs. Aber mit Larry David als Boris Yellnikoff.
Serie des Jahres
“The West Wing.” Hat zwar gar nichts mit 2010 zu tun, aber 2010 habe ich die Staffeln von 1-7 in einem Rutsch gesehen. Widerspruch lasse ich nicht gelten, aber eure Vorschläge besorg ich mir dann auf DVD. Vielleicht.
Blog des Jahres
http://www.ichwerdeeinberliner.com
Na und? Dann bin ich halt Mainstream.
Fußball
Borussia Dortmund.
Ich möchte mich dazu an dieser Stelle nicht vertiefend äußern, außer sagen, dass das ja wohl sowieso klar sei und überhaupt. Ich bin ein sehr glücklicher Fan.
Unangemessenste Kritik
Die Kritik an der schwarz-gelben Regierung empfinde ich in großen Teilen als extrem unangemessen. Unangemessen leise. Bei dieser Regierungsarbeit sollten wir eigentlich auf die Straße gehen und Neuwahlen erzwingen. Wegen dem Totalfail.
Größter WTF-Moment
HGich.T – eine Zusammenrottung wie ein Verkehrsunfall. Damit meine ich nicht den Zwang, dass man da hingucken muss, aber eigentlich nicht will oder sollte, sondern die zerstörende Kraft. Das Ergebnis ähnelt einem VW Golf IV, zerpflanscht an einer Brandenburger Allee-Pappel. Eine lebensweltliche Darstellung der Deformation. Das kann ganz große Kunst sein.
Längste Fremdschäm-Phase
Das hört nie auf.
Musik des Jahres
Mein iTunes sagt: Marteria mit seinem Album „Zum Glück in die Zukunft“. Sag ich auch.
Video des Jahres
Ich bin ein hart krasser Simpsons-Fan und als aufgeklärter urbaner Vollzeitdjango natürlich auch Banksy-Komplettauskenner. Die Kombination macht das dann für mich zum Video des Jahres. Die politische Interpretation sollen die Feingeister übernehmen, ich geh jetzt sprayen.
Buch des Jahres
„Deutschland schlafft sich ab – Wie wir unseren Stand aufs Spiel setzen“.
Frido Sachickihn beschreibt mit seiner profunden Erfahrung die Folgen, die sich für Deutschlands Zukunft aus der Kombination von Geburtenrückgang, problematischer geistiger Veralterung und wachsender Schimmelschicht ergeben. Er will sich nicht damit abfinden, dass Deutschlands Pimmel nicht nur älter und kleiner, sondern auch dünner und abgehangener werden. Sachickihn sieht genau hin, seine Analyse schont niemanden. Er zeigt ganz konkret, wie wir die Grundlagen unserer Ständer untergraben und so die sexuelle Befreiung aufs Spiel setzen. Deutschland läuft Gefahr, in einen Alptraum zu schlittern. Dass das so ist, weshalb das so ist und was man dagegen tun kann, davon handelt dieses Buch.
Tier des Jahres
Die Schließmundschnecke. (Laut NABU)
Schönste Nacktseite
Die hier: www.tittaycitay.com
Ist mit Glück erreichbar und wird leidlich gepflegt.
Falsch auf so vielen Ebenen
Ursula von der Leyen.
Medialer Glücksmoment des Jahres
Der Spiegel hätte Recht behalten (sollen).
Verkanntestes Genie
Nach wie vor und auf tragikomische Weise: Dendemann.
Ich lasse ihn für sich selbst sprechen: Hier im Interview mit Falk auf Mixery Raw Deluxe.
Mensch des Jahres
Achtung, festgehalten – jetzt scheppert´s im Karton. Mein Mensch des Jahres: Karl-Theodor Maria Nikolaus Johann Jacob Philipp Franz Joseph Sylvester Freiherr von und zu Guttenberg. Eine kurze fadenscheinige Erklärung: Der Mann hat es durch die Entgrenzung von Politik und Boulevard geschafft, einen medialen Hype zu inszenieren, der suggeriert, die Menschen hätten sich selbst einen Hype generiert, der bewirkt, dass deshalb die Medien wieder einen Hype spiegeln, der als Hype von den Menschen aufgenommen wird und den man dann ganz herrlich doof und absurd finden kann. So wie der Karl-Theodor das immer in die Mikrofone reinmacht. Und diese Bescheidenheit schafft dann wieder einen Hype in den Medien, der suggeriert, die Menschen hätten diesen Hype selbst geschaffen, der bewirkt, dass deshalb die Medien wieder einen Hype spiegeln … Profi, der Mann.
“Es geht nicht nur der Mensch ins Netz, um sich zu paaren, Paarungsrituale des Netzes dringen auch in die Wirklichkeit. Der Fußballspieler Cristiano Ronaldo, Bauchmuskelbesitzer und Frisurentrendscout, hat das Netz verstanden.
„Me, You, Fuck, Fuck!“ Mit diesen Worten umgarnte der junge Geltransporteur eine Kellnerin im ewig jungen Los Angeles und führte damit die Sprache der YouTube-Kommentatoren in die Welt der Liebe ein.”
Weiter bei Deus ex Machina
Rainer Meyer hat für die FAZ ein neues Blog entwickelt.
Zur Einführung schreibt er:
“Journalisten weigern sich, Blogs zu lesen, Politiker möchte das Internet regulieren. Wenige Mitglieder der deutschen Eliten haben Lust, über dieses Ding da draussen in den Netzen anders als mit Abscheu zu reden, während anderswo Banken mit Bewertungsmodellen in Rechnern und Internethandel die Wirtschaft ungehindert an den Abgrund bringen, Unternehmen ihre Mitarbeiter mit Datensätzen ausspionieren und sich unter den Milliarden Internetnutzern durchaus kluge Leute finden, die was zu sagen haben. Mit denen man reden kann. Die man dort kennen und vielleicht sogar lieben lernt.”
Zusammen mit Sophia Amalie Antoinette Infinitesimalia, Violandra Temeritia von Avila und Don Alphonso Moltogulax Acedianus werde ich als Nicander A. Indescretius von Saage für Unterhaltung sorgen.
Im vergangenen Jahr ist im New Yorker ein Artikel von Malcolm Gladwell erschienen, der den Weg Deutschlands in Halbfinale recht gut erklärt: How David Beats Goliath
When underdogs break the rules.
Als David Goliath schlug, bedeutete das nicht, dass David größer, stärker und ein besserer Schwertkämpfer war. Weshalb die Behauptung, Müller sei effektiver als Messi, Klose ein besserer Stürmer als Rooney großer Unsinn ist. Deutschland hat durch Klugheit und unfassbare Laufarbeit gewonnen, durch berauschend schönes Passspiel, nicht dadurch, dass die Spieler auf einmal alle Weltklasse sind.
Deutschland hat als Underdog gespielt, der sich seiner Defizite bewusst ist und die beiden aufgeblasenen Goliaths England und Argentinien, die das Team aus dem Weg geräumt hat, hatten keine Chance, nicht einmal statistisch. Gelingt es David, Goliath nach seinen Regeln zu bekämpfen, gewinnt er in der Regel.
Spanien dagegen spielt immer als David. Was aussieht wie ein Offensivspektakel ist in Wahrheit eine Defensivstrategie. Spanien spielt auch gegen Paraguay vorsichtig. Es war vor dem Turnier abzusehen, dass jede Mannschaft gegen Spanien spielen würde wie Inter Mailand gegen Barcelona: Alle bringen nun gegen David einen Schutzwall mit.
Spanien ist der Lehrmeister für das Spiel, das Deutschland heute spielt. Und Spanien ist perfekt darin. Jeder einzelne Spieler behandelt den Ball elegant, zuvorkommend, mit Grazie. Er fickt ihn nicht und ruft danach nicht an, wie es die Engländer machen. Sie lassen sich nicht herauslocken und sie haben vorne auch keine Diven stehen, die sich nicht an der Abwehrarbeit beteiligen. Spanien ist der Super-David und haushoher Favorit.
Allein: Deutschland hat dem David-Spiel noch eine Komponente hinzugefügt, die es in Spaniens Spiel wähend des Turniers nicht gab: Zu dem Tica-Taca kommt ein ZackZack. Deutschland beherrscht einen atemberaubenden Tempowechsel und es wird ein Thriller werden. David gegen David, Obi Wan gegen Darth Vader, Meister gegen Meisterschüler.
Wer hier scheitert, der ist kein Verlierer. Ich wünschte mir wirklich, dass einmal im Fall der Niederlage das nachträgliche Gebashe ausbliebe. Diese Mannschaft mit ihren vielen individuellen Defiziten hat jetzt schon unfassbar viel erreicht. Schon seit dem Englandspiel ist alles nur Zugabe und es ist so oder so ein Fest, ihnen sieben Mal zuschauen zu dürfen.
Zwei Personalentscheidungen sind in den vergangenen Monaten mit größerer Leidenschaft diskutiert worden als die Debatten um Präsidentenamt, Sparpaket und Euro-Krise zusammen: Darf Kevin Kuranyi mit nach Südafrika und wer hütet das deutsche Tor? Es könnte kein deutlicheres Zeichen für die Totalboulevardisierung des Fußballs geben. Nicht die allgegenwärtigen WM-Brötchen, nicht die Beflaggung Kreuzberger Balkone, nicht einmal die zu erwartenden Hupkonzerte sind ein Problem, denn sie berühren nicht den Kernbereich des Fußballs. Das Problem ist, dass in diesem Kernbereich ein Vakuum herrscht. Das geistige Gefälle zwischen den Veröffentlichungen zum Turnier und tatsächlichem Durchblick ist in etwa so groß wie das zwischen dem Freak, der sich CDs mit Original Motorenlärm kauft, und einem Ingenieur bei Daimler.
Die deutsche Mannschaft hat nun schon seit Jahren einige Probleme, die nicht abzustellen scheinen:
1. Sie kann nicht mit einer Führung umgehen. Regelmäßig verliert das Team den Faden, wenn es das erste Tor geschossen hat. Weiterspielen oder halten, abwarten und auf Konter verlegen? Man kann es nicht sagen. Heraus kommt dann etwas wie bei den Qualifikationsspielen gegen Russland – die Mannschaft steht viel zu tief, es kommt zu Chancen im Minutentakt und das Ganze wird zum Glücksspiel.
2. Sie hat Probleme in der Balleroberung. Selbst zweitklassige Gegner können sich seelenruhig den Ball hin- und herschieben, sie werden dabei durchaus wohlwollend begleitet, von Bedrängen kann jedoch keine Rede sein.
3. Sie kann keine Standards.
4. Sie ist nicht eingespielt. Die Vorrunde der Bundesliga-Saison 2008/2009 hat am Beispiel von Hoffenheim gezeigt, was man mit unerfahrenen Spielern erreichen kann, wenn man sie über einen längeren Zeitraum als Team entwickelt. Aus einem ordentlichen Zweitliga-Team wurde für ein halbes Jahr eine Spitzenmannschaft. Löw hat auf diese Möglichkeit zugunsten einer nicht enden wollenden Konkurrenzsituation verzichtet. Nun hat man unerfahrene Spieler, die nicht einmal die Laufwege ihrer Nebenleute kennen.
5. Die Seite, auf der Lahm nicht spielt, ist nicht von einem Fachmann besetzt. Aber man kann ihn halt nicht klonen.
Das sind gravierende Probleme, die die Titelkandidaten nicht haben. Diese Punkte sind tatsächlich ein Thema, aber stattdessen lässt man lieber darüber abstimmen, ob ein Mittelstürmer, der zwar in guter Form ist, dessen Position aber von drei Spielern besser besetzt wird, mitgenommen werden soll.
Ebenso verhält es sich mit der Torwartposition: Statt sich frühzeitig für einen zu entscheiden und so die Möglichkeit zu geben, sich mit der Abwehr (die wiederum auch noch nicht feststeht) einzuspielen, hat man so getan, als hätte die Entscheidung zwischen Adler, Neuer, Wiese und Butt auch nur die geringste Bedeutung. Wäre das Gesicht des Torwarts gepixelt, keine zehn Leute in Deutschland könnten sagen, wer da gerade spielt. Alle vier sind gute Torhüter, wären sie Weltklasse, dann würden sie mehr Geld verdienen bei größeren Vereinen.
Was die Beurteilung der Qualität der einzelnen Spieler angeht: Auch da ist Fußballdeutschland ganz Boulevard. Jeder Spieler ist so gut wie sein letztes Spiel. Und wenn jemand wie Mario Gomez gleich ein ganzes Turnier versemmelt, dann kann er halt einpacken. Seitdem ich mich mit Fußball beschäftige, habe ich nicht eine solche Feindseligkeit gegenüber einem Spieler der eigenen Mannschaft erlebt (ausgenommen natürlich im Fall von Mario Balotelli bei Inter Mailand). Mario Gomez hat seine gesamte Karriere durch eine Trefferquote von 50% (122 Tore in 244 Spielen), er hat dabei gegen starke Gegner genauso getroffen (vier Tore in sieben Spielen gegen München, sieben in elf gegen Bremen) wie gegen schwache, also in der Regel tief stehende, er hat schon mit Stuttgart in der Champions-League Tore erzielt und in 14 Europa League-Spielen acht Mal getroffen. Selbst in einer Saison, in der es für ihn nicht lief, hat er zehn Tore geschossen. Lukas Podolski dagegen kommt bei einer vergleichbaren Anzahl von Spielen (226) auf gerade einmal 80 Treffer. Davon hat er 24 in seiner Zweitligasaison erzielt.
Aber Podolski ist ein Spieler eigener Art, seine Formamplitude schlägt noch heftiger aus als die von Miroslav Klose, weshalb er sich einer streng faktenorientierten Bewertung entzieht. Er ist eher ein linksfüßiges Maskottchen als ein klassischer Flügelstürmer, aber in einem Sport, der seine Marotten pflegt und in dem die meisten Spieler obskure Rituale vollziehen, um das Karma zu besänftigen, unverzichtbar. Aber wie unverzichtbar müsste da erst Gomez sein?
Ehe ich mich hier in Spielerdetails verliere: Wohl noch nie hat eine deutsche Mannschaft so viele technisch begabte Spieler bei einem Turnier gehabt. Beckenbauer wurde mit sechs Vorstoppern Weltmeister, der herausragende Spieler der Europameistermannschaft von 1996 war Dieter Eilts, nun zaubern Özil, Marin, Schweinsteiger, Khedira und Lahm. Das kann eigentlich gar nicht gut gehen, aber ich hatte selten so viel Freude an einer deutschen Mannschaft wie an den U21-Europameistern vom vergangenen Jahr. Das Team musste in Ermangelung begabten Sturmnachwuchses ohne Stürmer antreten, also nicht einmal einen kleinen Kevin durften sie mitnehmen. Sie hatten auch keinen Effenberg, keinen Frings und auch sonst keinen, der sie auf dem Platz zusammengebrüllt hat. Aber sie hatten eine klare Idee von technisch ausgereiftem Defensivfußball, der so skrupellos durchgezogen wurde, als spiele da Inter Mailand.
Das hat nichts mit dem taktisch zwittrigen Fußball des WM-Kaders zu tun, der daherkommt wie der FC Barcelona aber hinten doch nur Werder Bremen ist mit einer Prise Hertha, aber doch war dieses Team ein Versprechen. Man kann als Trainer nicht in die Vergangenheit reisen und selber für Nachwuchs sorgen, deshalb kann man Löw im Großen und Ganzen keinen Vorwurf machen. Er betreibt Mangelverwaltung, es blieb schon 2006 keine Zeit für das Standardtraining, weil das Team elementare Mängel in so vielen Bereichen hatte, dass man sich darauf konzentrieren musste. Angesichts der Spielerauswahl hat er grandiose Erfolge erzielt und das, obwohl die allermeisten Spiele fürchterlich waren. Wenn überhaupt, dann war immer nur eine Halbzeit gut, das letzte Mal neunzig Minuten überzeugt hat eine deutsche Mannschaft vermutlich bei der WM 1990 und selbst da wurde seit dem Achtelfinale kein Tor mehr aus dem Spiel heraus erzielt.
Erfreulicherweise muss man nicht gut spielen, um Weltmeister zu werden. Man muss nicht einmal ein einziges Spiel gewinnen, es reichen theoretisch drei Unentschieden in der Vorrunde und ansonsten gute Nerven beim Elfmeterschießen. Und da mache ich mir keine Sorgen.
Man kann vieles über Christian Wulff sagen: Dass man ihn nicht einmal wählen würde, wenn er als Milchbrötchen unter anderen Milchbrötchen beim Bäcker ausläge, weil die anderen Milchbrötchen alle irgendwie kerniger aussehen, dass er Familienwerte predigt und dann mit einer Frau durchbrennt, die gerade einmal so alt ist wie ich, also praktisch minderjährig ist, dass er zu der schlimmsten Sorte der Machtbesessenen zählt, nämlich der, die so tut, als sei sie nicht an Macht interessiert, dass er das Blindengeld gestrichen hat und die Bildungsausgaben gekürzt, dass er sowieso nicht nach Berlin will, weil das hieße “jedes Leben aufzugeben, jede Normalität, jede Privatheit”.
So Nebensächlichkeiten halt. Aber Folgendes ist tatsächlich beunruhigend:
Christian Wulff hatte als Jugendlicher ein Poster von Helmut Kohl in seinem Zimmer hängen.
Fakten aus der ZEIT
Mein Beitrag zu Wahlkampf für Gauck.
Vermutlich unter anderem wegen dieses Beitrags von Felix Schwenzel zieht sich Frau Schnutinger jetzt aus dem Web 2.0 zurück.
Es wird oft darüber spekuliert, warum Frauen im Web 2.0 so wenig wahrgenommen werden. den erhellendsten Artikel habe ich dazu bei Teresa gelesen:
“Das Internet einfach als weiteren Kommunikationskanal zu nutzen – dieser Pragmatismus ist ein weiterer Hinweis darauf, warum bislang weniger Frauen durch die Nutzung des Netzes zu einer öffentlichen Person geworden sind. Mit großer Selbstverständlichkeit wurde das Netz als Ort begrüßt, an dem bestehende Themen eine weitere Verbreitung finden können. Expertinnen existierten bereits. Das erste neue Expertisefeld, das sich durch das Internet eröffnete, war das Internet selbst. Die zunächst überwiegend technischen Aspekte erklären vielleicht, warum Netzthemen eher von Männern besetzt werden. Originär im Netz entstehende weibliche Wissensgebiete formieren sich langsam, unterliegen aber dem gleichen Problem, das „Frauenthemen“ in klassischen Medien haben: über ihre Relevanz wird in der breiten Öffentlichkeit nicht von Frauen bestimmt, und sie wurzeln eher in der privaten Lebenswelt.”
Das ist ein wichtiger Punkt: Gehen wir für einen Moment davon aus, Frauen und Männer seien unterschiedlich, nicht Mars/Venus-unterschiedlich, aber ein wenig. Und dann bauen wir uns eine Welt, in der es zur Allgemeinbildung gehört, Schlachtendaten zu kennen und im Schlaf zu wissen, wer Deutschland 1974 zur Weltmeisterschaft schoss.
Wären Männer und Frauen unterschiedlich, dann wäre das etwas ungerecht.
Nach meiner persönlichen Erfahrung haben Frauen darüber hinaus auch eine etwas geringere Neigung, sich anpöbeln zu lassen. Ich bekomme häufiger Mails von Leserinnen, die nicht einmal Freude daran haben, sich in den Kommentaren beschimpfen zu lassen.
Ich argumentiere hier auf dünnem Eis und ich darf natürlich nicht vergessen hinzuzufügen, dass es wehrhafte Frauen gibt, gegen die ich noch beinahe jede Kommentarschlacht verloren habe und auch meine Mutter war eine Meisterin des letzten Wortes. Aber zurück zum Thema.
Frau Schnutinger hat also einen etwas unglücklichen PR-Beitrag verfasst für Vodafone. So etwas ist mir auch schon passiert. Ich weiß nicht, wann die Schweigepflicht für persönliche Job-Desaster abläuft, deshalb drücke ich mich im Folgenden so vorsichtig wie möglich aus.
Ich habe einige Wochen für die Wii gebloggt. Irgendwann hat dann Robert Basic dieses Blog aufgespießt wegen seiner grauenhaften PR-Texte. Ich wage mich hoffentlich nicht in den Bereich der Vertragsverletzung, wenn ich sage:
Robert Basic hat sich noch höflich zurückgehalten. Ich aber habe zurückgeholzt und schön weiter PR-Texte verfasst.
Frau Schnutinger jedoch hat versucht, zu erklären, was sie da macht (alles nachzulesen in den Kommentaren zum oben verlinkten Artikel von Felix Schwenzel). Dafür wurde sie – nunja, auf dem Schulhof würde man sagen: gemobbt.
Ich hoffe, dass Frau Schnutinger es sich noch einmal überlegt. Der Zorn der politisch interessierten Blogger richtet sich gegen Vodafone und trifft Randfiguren einer Kampagne. Und auch wenn ich Schlammschlachten liebe und seit meinem dritten Lebensjahr trainiert darin bin, Gegnern Sand in die Augen zu streuen (Reineke Fuchs!), habe ich es nicht gelernt, Lynchmobs zu schätzen.
So sind wir doch eigentlich gar nicht.
Wenn Ihre verzweigte Analyse von Brechts Galilei oder Ihr kubistisches Frühwerk «Der Weihnachtsstern über Bethlehem» bewertet wurde – fanden Sie dann nicht auch, dass die Schulnoten ein zu grobes Raster darstellen, als dass die Tiefe Ihrer Gedanken angemessen gewürdigt werden könnte?
(…)
Auch eine Lehrerin aus Moers, die auf dem Schülerportal Spickmich.de eine Durchschnittsnote von 4,3 erhielt, muss sich gedacht haben: Das sind doch keine Pädagogen, was erlauben Hinz und Kunz?
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