Ich bin ein Überlebender

Wir hatten ja nichts. Ihr glücklichen Bastarde, die Ihr Euch in der Sekunde des Erscheinens das neue Lil‘ Wayne-Album beim iTunele kaufen könnt und eine Woche vor Erscheinen bei isohunt nicht einmal The Plastic formerly known as Geld berappen müsst, Ihr könnt Euch das natürlich nicht vorstellen.
Gnade der späten Geburt, weiße Jahrgänge, hört mir doch auf.
Wir mussten zwei Stunden lang die US Top 40 hören. Am Sonntagabend rutschten wir auf unseren bloßen Knien vor dem Radio herum mit einem Tonbandgerät, hörten mit blutenden Ohren Whitesnake und White Lion und Whitewasweißich. Und Bon Jovi. Und Heart. Nur um ein winziges Schnippselchen von Bust a Move zu erwischen, in das der “Gott lasse seine Leber von einem Adler zerhacken und dann wieder nachwachsen und dann wieder zerhacken”-DJ dann pünktlich nach zwei Minuten hereintrötete: Stau auf der A4.
Wenn wir taggen wollten, dann mussten wir unsere Eddinge mit Terpentin dingsen, mir fällt der Fachausdruck nicht mehr ein, das viele Whitesnakehören hat mir den Kopf. Wo war ich?

Dosen mit Farbe gab es bei Obi. Und habt Ihr schon einmal versucht, mit einer Kompaktanlage von Universum zu scratchen? Ihr Söhne einer für Allergiker gezüchteten Hündin, die Ihr das Scratch-Tool des Magix Music Makers für kompliziert haltet, habt Ihr überhaupt irgendeine Vorstellung davon, wie es sich anhört, wenn Kunstoff bricht?

Ich habe geweint, echte salzige Tränen strömten aus meinen Augen, als Geil von Bruce&Bongo auf Platz 1 der deutschen Charts war, weil das Rap so nah kam wie sonst nichts.

Eure kurzberockten Schlampen tragen Original Hip Hop-Make-Up von JAM-Cosmetics. Die Mädchen in unserer Klasse hatten überall Kleider, am ganzen Leib.

Ihr guckt Pornos von Schnüffelhündchen, wir konnten froh sein, wenn wir einen Hund mit Hilfe von Leberwurst überredet bekamen, an unseren Eiern zu lecken.

Ihr kauft Phillies und müsst mit Euren syphillitischen Fingern bloß noch das Chronic hineindrehen, wir haben Bananenschalen auf die Heizung gelegt und haben uns nicht mal getraut sie zu rauchen, weil der verdammte Rüdiger Kurzeja sagte, davon werde man blind.

Ihr verdammten in die Hoodies Eurer Lieblingsrapper gewandeten Schwippschwäger eines mecklenburgischen Kastraten, ihr redet von einer Rapkrise?

Ich geb Euch gleich Windsurfing.

13 comments

  1. Ich bin schwul.

  2. Das sind die Momente, (oder die Blogposts), bei denen ich neidisch auf deine Schreibe bin. Großartig, Malte!

  3. Hatte ganz vergessen, wie scheiße alles war. Danke! ,-)

  4. Nur ein Wort: Großartig!

  5. Mathias Richel

    http://www.youtube.com/watch?v=7zIkCGdPHmQ

  6. Früher war alles Scheiße, heute ist alles scheiße (und) langweilig. Die armen Neumenschen!

  7. Matthias Schumacher

    Papa richtet es nicht mehr.
    Peter Alexander ist tot.
    Mit 5 Mark warst’ dabei dazumal.
    Heck paradiert die Säle leer.
    Und im Zwangsangebot:
    Warme Pflaume auf Rosenthal.

  8. Sehr wahr. Gute Musik und coole Trends musste man frueher alleine ausgraben und auch heute ist man gut beraten, das so zu tun. In soweit hat sich nichts geaendert.

    Die Video-Antwort auf Tyler the Creator ging ja schnell.

  9. ^^Standesdünkel!!!

  10. Boooaah ey, von Whitesnake über Bon Jovi zu Rap & Hiphop …das ist aber auch Opportunismus, dass die Heide wackelt. Hauptsache immer im Trend, was?

  11. nachdem ich 86 gleich innerhalb eines jahres die videos (VIDEOS!) von “fight for your right” und “walk this way” sehen durfte bin ich unrettbar verloren,

    genau genommen hab ich mich davon bis heute nicht wieder erholt, und das ist jetzt 25 jahre her.

  12. Vielen Dank für Herrn Hopsin. Bereítet mir dank dir schon seit dem letzten Wochenende Freude.

  13. Dosen mit Farbe gab es bei OBI? Damals gab es doch noch nicht mal Baumärkte. Zumindest nicht in Delmenhorst…

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